Vegan

Ich war eigentlich immer der letzte, der es für nötig hielt Menschen über vegane Lebensweise aufzuklären, und im Grunde dachte ich auch zumindest in den Grundzügen wäre das Konzept inzwischen auch meiner Großmutter hinreichend bekannt. Ich muss aber leider immer öfter erleben, dass über die vegane Bewegung nicht die geringste Aufklärung besteht, und dass die Ideen der Menschen, die sich zum Ziel gemacht haben Tiere zu schützen, – oft unbewusst – ins Lächerliche gezogen werden und zu Vermarktungszwecken sinnentfremdet angewandt.

Ich werd hier keine Diskussion zulassen, ob Vegane Lebenskonzepte sinnvoll sind oder nicht – ich lebe selbst nicht vegan – darüber können sich die meisten Menschen eigene Gedanken machen, und die sind auch nicht unbedingt anzuzweifeln. Da die Motive des veganen Lebens unbestritten sehr tiefgreifend sind, sehe ich keinen Sinn darin irgendjemanden zu überzeugen. Es ist mir aber schon wichtig, dass diejenigen, die sich voll dafür einsetzen, den Respekt und die Achtung bekommen, die sie verdienen, und die Menschen, die glauben oder wissen, dass sie von ihrem Stand aus nicht ohne tierische Lebensmittel gesund bleiben – aus welchen Gründen auch immer – dürfen wissen, dass die wichtigsten Punkte von Anfang an immer auch die Nutzung von Medikamenten und kosmetischen Produkten waren, sowie natürlich sämtliche Ausläufer der chemischen Industrie immer mit im Mittelpunkt der Kritik standen.

[Es geht hier vor allem um Laborversuche an Tieren und die massive Zerstörung von Lebensräumen durch Gift- und Kunststoffe bis hin zu genoziden oder mutagenen Substanzen.. Das tragende Argument lautet, dass Kosmetikartikel nicht lebensnotwendig sind, so wird sich kunstvoll mit Henna, vor allem aber mit Ruß und Kohle geschminkt.]

Dazu gehört eben auch, dass nur Menschen, die nicht vorzugsweise Rot aus dem Blut von Läusen auf den Lippen tragen und Deo und Hautcreme verwenden, in irgendeiner Form von chemischen Substanzen abhängig sind, Düngemittel, Putzmittel, rezeptfreie Medikamente, die auch auf Leder und Wolle verzichten, aber vor allem auf Polyester und Nylon, die kaum mit Plastik in Kontakt kommen – so gut alle anderen das auch vertreten oder rechtfertigen können – sich selbst VEGAN nennen, und deutlich mehr als eine große Palette von substituierenden Sojaprodukten für alte Hausfrauenkost als vollen Genuss und hochwertige Nahrung zubereiten können.

Das zu verwässern spottet den Menschen, die sich mit Herz und Seele für etwas gutes einsetzen mit solch geschmacklosem Witz, wie ihn nichteinmal mehr die alten Konservativen kennen, die inzwischen sogar selbst gemerkt haben, wie wichtig immer soetwas wie geistige Offenheit war.

Ich hab ja auch schon gesagt, worum es im Wesentlichen und im Kern bei veganen Zielen geht, nämlich darum Tiere zu schützen – nicht mehr und nicht weniger.

Allein dieses eine und leicht verständliche Ziel sorgt trotzdem immer wieder für kontroverse Diskussionen darum, wie weit der Tierschutz im Einzelnen gehen soll, ob körperliche Unversehrtheit zum Beispiel höher zu bewerten ist als Geburtenkontrolle, was Kontrolle im Sinne von Tierschutz überhaupt bedeutet, wie der Begriff von Freiheit mit menschlicher Regulierung vereinbar sein könnte oder Gefangenschaft mit artgerechter Haltung, und wie allgemeiner Umweltschutz entscheidend dazu beiträgt die Freiheit, die gesunde Entwicklung und das Leben von Tieren zu schützen – dazu zählen nicht nur Säugetiere in der Landwirtschaft sondern auch ständig aussterbende Arten, bedrohte Vögel und gering geschätzte Insekten.

Eines ist inzwischen klar geworden, vegane Ziele gehen weit, weit, weit über die individuelle Ernährung hinaus, und ein Gemüsedöner im gewöhnlichen Imbiss kann niemals vegan sein, sondern bleibt im Sinne der gewünschten Ernährungsweise auf unterschiedlichem Niveau vegetarisch.

Das ist völlig ok.

So können auch Menschen, die unter speziellen Umständen ein Steak essen, durchaus vegane Ziele verfolgen, was vielen Ideologiespießern schier unverständlich erscheint, indem diese sich trotzdem radikal für Tierrechte und Umweltschutz einsetzen, für eine möglichst ursprüngliche Landwirtschaft und ein gesundes Gleichgewicht in der Natur.

Eine vollständig vegane Lebensweise ist für viele Menschen einfach nicht zu erreichen, es geht darum sie so weit wie denkbar möglich sinnvoll zu gestalten und auch anderen dabei zu helfen die Notwendigkeit gesunder Tiere und Pflanzen für die menschliche Zivilisation und die eigene Gesundheit, ja das eigene Wohlbefinden zu begreifen.

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So ist eine Lebensweise zum Beispiel definitiv nicht vegan, die mit verbitterter Strenge zwar darauf achtet kaum die geringsten Mengen tierischer Erzeugnisse zu essen, in der ein Mensch aber regelmäßig Flugreisen unternimmt, selbstverständlich Auto fährt anstelle öffentlicher Verkehrsmittel, sich selbst Tiere als persönliches Eigentum hält, sie besitzt, einsperrt, maßregelt, körperlich und seelisch verstümmelt, misshandelt und damit vollständig seinem eigenen Willen und seinen mehr oder weniger dürftigen Moral- und Wertvorstellungen unterwirft, sie zu Berührungen und körperlicher Nähe zwingt oder sie ganz einfach in sonst irgendeiner Form unreflektiert und egoistisch behandelt. Es ist dabei unerheblich ob dieser Mensch sein Verhalten Notdurft oder Liebe nennt, solange klar ist, dass es Tieren in irgendeiner vermeidbaren Weise schadet.
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Ich gehe also schon von einer Eigenverantwortung aus, die bereit bleibt und auch in der Lage zu entscheiden, was der Begriff freien und natürlichen tierischen Lebens bedeutet, und mit welchen Schritten dieses Ziel möglichst geradlinig erreicht werden kann.

Ganz sicher zählt dazu weniger sich bei Starbucks einen Kafee mit Sojamilch zu kaufen um zu propagieren, dass Kuhmilch etwas geradezu profanes ist, auch wenn dadurch im größeren Stil weniger mit Kuhmilch gehandelt wird, was viele Anhänger der weltweit orientierten Friedensbewegung sicherlich gutheißen würden. Die Kritik daran diesen Kafee vegan zu nennen ist schlicht und ergreifend verständlich als ein Hinweis darauf, dass es dort nicht darum geht Tiere zu schützen.