aeolisch

inzwischen ist mein Instrument wieder tiefer gestimmt, aber immernoch auf reine quinten, zumal mir inzwischen klar ist, warum meine quinten grundsätzlich größer werden, als mein stimmgerät über die oktave hinweg richtig findet. vorher hab ich ja noch mit übermäßigen quinten experimentiert. was die sexte als motiv für stimmungsmuster nur bestätigt.

so schwanke ich heute zwischen den syntonischen variationen h moll und d dur.. übersetzt g lydisch.. und meiner mixolydischen c tonart.

die hohe Stimmung also war

f, c‘, g‘, d“

die tiefe stimmung – eine kleine terz tiefer – lautet

d, a, e‘, h‘

meine saiten sind dafür dick genug, und ich kann die mensur verlängern, indem ich den Steg ganz bis vor den Stimmstock zurückschiebe – bzw. verkürzen, dadurch wird mit kürzeren saiten der Klang sanfter und weicher. Faktisch spiele ich so eine kleine Bratsche mal mit kurzer und mal mit langer Mensur. die position des stimmstocks wird jetzt langsam entscheidend. ich hab sowieso den eindruck, als ob mein Instrument einen hauch größer wirken könnte als eine herkömmliche violine, bestärkt dadurch, dass das lindenholz so weich klingt und keine harte besaitung duldet.

Im moment sind meine schwingenden saiten also ein gutes stück länger (auf dem bild zu sehen, ist das ein guter zentimeter), dadurch wird durch die unmittelbare nähe des soundpost der klang etwas klarer und auch lauter, insgesamt mit tieferer stimme, und ich spiele zunächst auf jeder saite die native tonart – transponiert in den syntonischen bereich.

das ist für die meine profunda, d-ionisch.. folglich

D

E

Fis

G

A

H

Cis

D

auf media entwickelt das a-mixolydisch, wobei die tonfolge zwar entsprechend der gesamten tonart erhalten bleibt, aber die Lage der Töne nach dem muster der saite verändert wird

A

H

Cis

D

E

Fis

G

A

das war ja noch nicht überraschend, aber jetzt kommt e-dorisch auf buna

E

Fis

g (minor)

a (minor)

H

Cis

d (minor)

E

tja.. das sieht schon spannender aus, und auf clara in h-aeolisch lautet das dann

H

Cis

d (minor)

e (minor)

Fis

g (minor)

a (minor)

H

..

und weil es keinen definierten ton c gibt, von dem sämtliche tonarten starten, muss eben z.b. in H aeolisch zwischen den minor und major intervallen vermittelt werden, sodass im syntonischen nicht nur z.b. durch vibrato effekte erzielt werden, sondern das gehör die echten tonarten heraus temperiert. die töne sind nicht festgelegt sondern können schwanken innerhalb der definierten grenzen.

das bedeutet, im aeolichen folgt auf einen großen ganztonschritt zur sekunde eine kleine terz. diese kleine terz unterscheidet sich von der entsprechenden stufe einer c tonart dadurch, dass der ausgangston höher ist, sie wird vom gehör gefunden, während ein gewöhnliches stimmgerät behauptet, der ton sei nicht getroffen, er ist richtig! nur falsch gemessen.

das d minor ist nunmal tiefer als ein D major, ich sage immer einen 1/4 halbton – die diatonischen intervalle zwischen verschiedenen minor und major tonstufen aber sind zudem noch unterschiedlich groß, und nur der größte dieser Abstände entspricht nahezu diesem 1/4 halbton. Es bleibt noch gefühlssache in der syntonik zwischen minor und major zu vermitteln.

die kunst besteht jetzt darin auch zwischen den unterschiedlichen charaktereigenschaften der einzelnen saiten mit ihren nativen tonarten zu vermitteln, bzw. mit der gesamten melodieführung auf einer saite zu bleiben.

die spielart hier syntonisch I also g- lydisch unterscheidet sich charakteristisch von mixolydisch der c grundtonart.

zum vergleich sind im mixolydischen alle tonstufen gleichwertig, obwohl sie sich immernoch in der charakteristik einer gespielten saite unterscheiden – das gibt interpretationsfreiraum, syntonisch I hat in meiner variante zwar noch ganz klar den anspruch der diatonik möglichst flacher hierarchie, die einzelnen töne unterschiedlicher saiten unterscheiden sich aber nicht nur im charakter sondern in ihrer tatsächlichen tonhöne, wie ja auch zu sehen ist.

klar hat syntonisch soetwas wie oktavgrenzen, allerdings in dieser interpretation entsprechend der reinen intervalle einzelner saiten, also ist die oktave auf clara ein H auf profunda liegt sie bei D. so gesehen, wäre in dieser tonart die relative oktave ein g, in allen variationen der diatonik ist die absolute oktave aber ein c, ob der ton nun vorkommt oder nicht ist egal. hier gilt jedenfalls die reine oktave der saite. auf media ist es ein a und auf buna das e.

mixolydisch selbst kennt garkeine oktaven sondern nur quinten, es hat nur ein einziges mittleres c.

so spiele ich also einmal vier verschiedene stimmen auf je einer saite mit spezifischen intervallen und betone im wechsel ihren unterschiedlichen charakter, ein anderes mal verbinde ich diese vier saiten möglichst geschmackvoll zu einer stimme und einem umfangreichen gesamteindruck über durchgehend reine quinten.

ach ja.. ich hab meine saiten angemalt ;) das leder ersetzt die bescheuerte kinnstütze, die naja meine empfindung der töne beeinflusst, indem mit ihr das gesicht – wie die schulter – eben den vibrierenden körper der geige nicht direkt berührt. das leder verhindert nur ein rutschen und ist etwas weicher, schwingungen kommen trotzdem deutlich spürbar durch.

Am ende des tages war ich mit idealer saitenspannung und optimaler stegposition wieder bei f, c‘, g‘, d“ und mixolydisch.. ein kleiner exkurs also mit einer erweiterten perspektive als ergebnis.