was bin ich

die frage hab ich mir selbst schon oft gestellt und eine antwort darauf fällt genauso leicht wie die meines namens.

Denis

so wird es geschrieben, aber die eine antwort im klang der stimme zu finden fällt so leicht wie eine rose im sommerwind zu beschreiben ohne wörter wie rose, wind, blume, blüte etc. zu benutzen und trotztem noch so poetisch zu bleiben, wie es sich zur beschreibung einer rose gebührt.

ich nenne mich also TRITUS.

dieses wort beschreibt alles, was ich nicht bin, dauerhaft, widerstandsfähig, gebildet, glänzend, und es beschreibt auch was ich nicht sein will, verbraucht, abgenutzt – eine ausgefahrene straße, ein ausgeleierter schlüpfergummi, ausgetretene schuhe, reifen ohne profil. der widerspruch, der in dieser aussage steckt, die dieses wort im ganzen und lexikalisch auffallend umfangreich umschrieben bedeutet, ist das, was mich als name am besten beschreibt, denn das wahre leben ist voller widersprüchlichkeiten, die nur ein gott in seinem vollen ganzen begreift, und das universum vor den augen des menschen mit seiner rationalität, emotionalität und sinnlichkeit, wie ein staunendes kind, das daüber mit ganzer vorstellungskraft ins leere greift, als einen diamanten am stein der zeit zu seinem bild der sterne schleift.

tritus bedeutet abgefuckt, sag ich als punk, perfektion als poet und das ende der zeit als mensch, der seinen namen in den sand schreibt, über den mit der flut die nächste welle streicht.

was ich also bin beschreiben nur die verhältisse, in denen das licht der welt auf mich scheint, in die ich geboren wurde, und durch die ich meine schritte lenke, ungeachtet dessen, dass ich wie ein schiff ohne steuer, ein samen im wind bin, der duch raum und zeiten treibt ohne zu wissen, ob hinter dem nächsten horizont, und die horizonte sind manchmal sehr weit und manchmal so klein, dass meine hand es beinahe schafft den rand der welt vor augen zu berühren, ob dahinter ein brausendes meer tobt, schroffe felsen liegen, eine wüste sich ausbreitet oder fruchtbarer boden.

geboren wurde ich in sachsen, im erzgebierge, ja – ich schreib das nicht falsch, auf der halde eines bergwerkes, das im tiefen granit zwischen silber und schönen steinen nach dem seltenen uran greift, um es für den kalten krieg weiter und weiter nach osten in atomraketen zu verwandeln, die weit, weit im westen das leben auslöschen konnten, das mit noch gierigerer hand nach einem weichen papier greift, das wir geld nennen und sowas wie macht und reichtum bedeutet. dass die mit ihren eigenen atomraketen antworten noch bevor der tag endet, sich alles in asche und strahlenden staub verwandelt, durch den der letzte mensch entkräftet, mit zitternder von geschwüren übersähter hand dem ende entgegenschleicht, hat sich schon in mein frühstes bewusstsein gebrannt.

das erste mal zur vollen besinnung gekommen bin ich auf dem heidelberg, einem berg voller heidelbeeren, pilze und viele bäume gab es auch und eine größere siedlung am rande einer mittleren um das tal gelegenen stadt. der eichert hieß wohl so, weil sonst, soweit ich auch bald schon blicken konnte, nur tannen standen.

ich war im prinzip immer verträumt, so etwas wie zeit hat für mich nur als vaage vorstellung existiert, sterne kannte ich kaum, das licht der sonne war selbst ein traum, was ich sah wie glizernder schaum nicht wirklich wirklichkeit. ich kann mich an viele dinge erinnern, hinterher ist mir aber bewusst geworden, dass meine mutter mir all diese dinge erzählt hat, und ich also einfach nur geglaubt, gesehen hab, dinge erlebt, die ganz teil ihrer vorstellungswelt waren – was war denn wirklich!

eine frage, die ich selbst nicht beantworten konnte, als ich im höheren alter die größten bekannten philosophen, theologen und naturforscher um rat gefragt hab dieses rätsel zu lösen.

als ich vom achterdeck der ruhr uni richtung witten geschaut hab, fühlte ich mich zum ersten mal wirklich zu hause. ein haus, das die menschen ausspuckte wie kirschkerne, nachdem es sie gelutscht und geformt hat, ihren süßesten saft ausgesaugt und auf die welt des großen ganzen nach kräften vorbereitet.

die generation X, war es das, was mir bestimmt war, in einer welt zu leben umgeben von mutanten und monströsen robotern der gleichschaltung, die alles vernichten sollten, was nicht normgerecht war, kam im rückblick aus meiner jugend auf mein bisheriges leben als verbitterte erkenntnis heraus, als ich früh samstags morgens mit einem gehörigen kater im bett vor dem fernseher aufwachte und noch immer keine aussicht hatte den kulturschock zu verkraften, den ein einfacher umzug von deutschland nach deutschlant zuwege gebracht hatte.

ich war malocher geworden, mit süßen sechzehn verbrachte ich tage von dunkelheit bis sonnenuntergang auf dem bau damit schlitze zu stemmen in beton, in ziegel, in kalkstein, in sandstein in alles mit einem höllen lärm, jahr ein, jahr aus, blut und schweiß und die sinnlosigkeit des gesamten tages, jedes tages, der ganzen woche, jeder woche, des lebens zur rente hin, bis auf freitag und samstag, die ich von abends an in einem wechsel von kater und rausch verbrachte, um dann den ganzen sonntag zu schlafen. wenn das das ziel war, und das noch fast ohne nahrung, nahrung kostete geld, viel geld, das ich oft nicht hatte, bis ich irgendwann vor schwindelgefühl und schwäche an einem feuchten frühlingstag zusammenbrach, vollkommen unterernährt mit weichen knien und kaltem schweiß auf der stirn wie ich oft den zucker und die milch vom kaffee genommen und gierig verschlungen hatte, einer ohnmacht nahe, um den verstand nicht zu verlieren.

die gesellen geben einen aus, es gibt pommes currywurst mit krautsalat, eine flasche bier – lass das den meister nich sehn, einer fährt schnell nach holland und holt was zu rauchen, ich hab keine hilti mehr angefasst.

irgendwas hat sich in meinem kopf verändert, ich hatte kriegsphantasien, ich habe eine maschine in der hand und halte mit blankem eisen blind drauf, lärm, dreck, staub, wenn der arm den nötigen widerstand nicht zeigt, dröhnt eine stimme von unten herauf „ich hör nichts!“ und wieder rap pap pap drauf. mein gegner war eine mauer, war ich selbst. irgendwann wird es kurz sehr hell, dann plötzlich dunkel. das ende der zeit, feierabend, nachts blieb keine zeit zum träumen, nachts herrschte ewige dunkelheit.

war sie das, die jugend, unsere jugend, war sie denn seit menschengedenken sonst nie was wert, etwas wert sage ich mehr als nur blut und lärmendes eisen, mit sechzehn durfte ich noch nichtmal ein paar titten sehen, nachts länger als bis zehn draußen bleiben, ich durfte nicht autofahrn, nichts kräftiges saufen, aber ich durfte mein leben auslaugen für fremde, private fettsäcke, die keinen dank kannten, und deren zahlkassen immer leer waren, die der welt die jugend aussaugen – ein auszubildender ist billigste arbeitskraft, nichteinmal für einen höheren sinn, für ein ziel das der verausgabung lohnt, es gab keinen lohn, ich konnte nichtmal ne wohnung bezahlen. es war eine andere zeit, eine frühere zeit, heute darf man selbst als vollwerter mensch kaum noch ohne rechtfertigung rauchen. wir waren noch wirklich frei.

in der berufsschule war ich scheiße, ich war auch nie da, für mich war das urlaub, die haben uns gesagt, was wir in unserem beruf wissen sollten, ich wusste, wann ein eisen stumpf war, und wie ich es beim stemmen am stein wieder schärfen konnte, ich wusste, wann ein eisen zu kurz war und mit wecher maschine die arbeit leicht wurde und mit welcher zur fual, welche öl spuckte und welche den richtigen bums hatte. das waren keine prüfungsaufgaben. der meister schmeißt mich nach einem jahr raus, in der schule durfte nicht auffallen wie wenig ich von meiner eigentlichen arbeit wusste, und der blackout war zuviel. gründe gab es sowieso genug für einen kidpunk auf dem bau ist jeder grund rausgeworfen zu werden ein richtiger grund. ich geh nach köln und spiel bei der sendung mit der maus, der rest is mir egal, ein sommer im hotel, der alte war froh, dass er das essen vor mir nichtmehr verstecken oder sein bier wegschließen musste, ihm war geld heiliger als alles, und was ich nichtmehr nutzte, konnte er für seine geschäfte brauchen oder verkaufen. ich hab alles kaputt gemacht, was ich nicht mitnehmen konnte von „zu haus“.

vor dem fernsehn zu bewusstsein gekommen, jetzt selbst ein star in channel4, für die britische sendung „willkommen!“, willkommen – für was, das war mir nie klar, ich hatte kaum aufgaben, spielte mich selbst auf dem bauernhof mit meinem filmonkel tony, auf der domplatte im phantasialand, schokoladenmuseum mit meinen filmfreunden aus england, mit der produzentin im club und auf dem hotelzimmer, eine scharfe braut, rothaarig, sprach kein wort deutsch, ich kein wort ihrer sprache, ein traum, die wirklichkeit war zu profan. meine glanzleistung eine kochsendung übers brot backen, die kommödie lag mir am meisten, es war zum brüllen komisch, am set haben wir tränen gelacht, es kam was in den kasten, aber das war eigentlich egal. die echten filmtalente traten auch echt in verschiedenen rollen auf, ich spielte den punk mit meiner stimme, mit meinen klamotten, ohne schminke, ohne feste szene und ohne text. there is no business like show business!

der plot war trivial. eine gruppe briten wird von mir hinter dem dom angeschnorrt und entschließt sich zu einer kleinen orientierungstour durch die city. sie bekommen einen einblick deluxe in das gesamte umland, bleiben gut acht monate – im film etwa zwei wochen, wollen deutsch lernen, weil ich kein britisch verstehe und dokumentieren ihre erlebnisse mit der kamera. tränen beim abschied und jubelrufe auf der holzachterbahn. wir sind endlos ohne pause die runde gefahren, nurnoch ungebremst durch die haltestelle zum höchsten punkt gerast, wir hatten die besinnung verloren. teile des parks hatten an diesem arbeitstag für besucher geschlossen. unsere mägen waren leer, wir wurden ins hotel getragen, weil wir vor euphorie, erschöpfung und schwindel zu keinem festen schritt und zu keiner vernunft mehr fähig waren.

was man mir aus meiner kindheit erzählte, ich hörte nie auf zu fragen. warum muss ich meine freunde und das, was ich als familie kennen gelernt habe – verlassen, für den goldenen westen, war die letzte frage, die meine eltern von mir gehört haben, ich war zwölf und beschloss fest, ich beantworte meine fragen von nun an selbst. es hat noch gut ein jahr gedauert, hinter der deutsch deutschen grenze knallen die korken. frankfurt, gießen, unna massen, flüchtlingsunterkunft, massenabfertigung, kontainerdorf, asylantrag für uns ossis formsache, für andere ein harter tritt in den magen. täglich mehrere stunden schlange stehen für einen stempel, für ein neues formular, wer wieder da stand, konnte noch hoffnung haben, andere sind verzweifelt, dann der westdeutsche pass, begrüßungsgeld, eine bessere notunterkunft in einem richtigen haus. neue welt, der westen. die tage vergehn im stakkato der westlichen zeit, einem ganz neuen takt, der traum, manchmal glaube ich, ich bin kurz erwacht. wie ein rad stolpert durch die zeit stolperte ich von einen traum in einen anderen.

jetzt gerade liege ich auf der dünnen matratze eines gitterbettes in einem flüchtlingsheim und versuchte zu bezeugen, was ich alles nicht bin, und da stellt sich die frage, was bin ich überhaupt.

TRITUS

der texteditor kommt an seine grenzen, der aktuelle speicher reicht nicht aus.

hau ab.. geh.. verpiss dich.. wir bringen dich hier um, dieser ort frisst seelen! dass ich mich je fühlen würde wie ein geflüchteter.. vertrieben von geistern, die meine seele retten im bann einer unvorstellbar tiefen kraft, einer kraft aus der tiefe der erde.

die worte zerfallen wie ein puzzle, es gibt nicht die eine aussage, die ein ganzes bild mit einem mal greift, nur was so vieldeutig ist und immer neue wege schafft für phantasieen, träume, vorstellungen, nur was sich dem wesen der wissenschaft sträubt, kann wirklich lebendig und wahr sein und aus sich selbst heraus zu wahrem wesen, zu einer neuen welt werden, die das hier und jetzt als gedanke nur im traum nur im geiste berührt vielleicht streift.

das hier und jetzt kann ich fragen,

was will ich sein!